(Studien zur qualitativen Drogenforschung und akzeptierenden Drogenarbeit; Bd. 48)
Problematischer Drogenkonsum wird nach wie vor häufig als "Krankheit" oder "Sucht" aufgefasst, deren Ursachen vor allem im einzelnen Individuum zu suchen sind. Der Autor entwirft demgegenüber ein Verständnis von Drogenkonsum als begründeter Handlung. Damit wird der Blick weg von individuellen Defiziten auf die problematischen Bedingungen gelenkt, die dem Konsum zugrunde liegen.
In fünf Portraits nähert sich der Autor den Lebensbedingungen der Betroffenen und zeigt, wie sie mit dem Konsum von Drogen verknüpft sind. Dabei werden problematische gesellschaftliche Strukturen herausgearbeitet, in denen der Gebrauch psychoaktiver Substanzen verständlich und sinnvoll erscheinen kann. Der veränderte Blick auf die eigene Problemlage wird ebenso beschrieben, wie alternative Umgangsweisen.
Einzigartig im Bereich der Drogenarbeit ist die enge Zusammenarbeit mit den Betroffenen bei der Erstellung der Portraits. Indem sie in alle Schritte der Arbeit eingebunden waren, sie kritisieren und verändern konnten, entstand ein authentisches und sensibles Bild ihrer Probleme, das auch gleich wieder in der Praxis erprobt werden konnte. Das Ergebnis ist nicht nur eine lohnende Lektüre für alle professionellen Drogenhelfer, sondern kann auch Betroffenen und Angehörigen neue Perspektiven eröffnen.
"In den fallbezogenen Kapiteln entstehen beeindruckende Portraits der betreffenden Menschen, deren jeweilige Lebensläufe und Erfahrungen in ihrer Individualität tatsächlich gleichzeitig gesellschaftliche Strukturmomente repräsentieren. Indem die Arbeit u.a. als entwü,rdigend empfundene Erfahrungen mit dem Drogenhilfesystem nachzeichnet, ist sie nicht nur eine theoretische, sondern auch empirisch-praktische Kritik an entsprechenden Denkweisen und Praxen." Prof. Dr. Morus Markard
Christoph Vandreier ist Gründungsvorsitzender des Subjektorientierte Drogenhilfe e.V. und arbeitete in verschiedenen abstinenz- wie akzeptanzorientierten Projekten der Drogenhilfe. 2012 promovierte er an der FU Berlin zum Thema "Drogenkonsum als begründete Handlung". Weitere Forschungsschwerpunkte sind qualitative und partizipative Methoden.
Inhalt:
Vorwort | |
Einleitung | |
I. | Theoretische Grundlagen |
1. | Annäherung an das Phänomen des Gebrauchs psychoaktiver Substanzen |
2. | Genese und Probleme des Drogenhilfesystems |
2.1 | Die Entwicklung des Drogenhilfesystems in Deutschland |
2.2 | Akzeptanzorientierte Drogenarbeit |
2.3 | Veränderungen der letzten Jahre |
2.4 | Relevanz in der Praxis |
3. | Drogenkonsum als begründete Handlung – der subjektwissenschaftliche Zugang |
3.1 | Die subjektwissenschaftlichen Kategorien |
3.2 | Bedeutung der Kategorien für eine subjektorientierte Drogenforschung |
3.3 | Erste Versuche einzeltheoretischer Arbeit auf der Grundlage der Subjektwissenschaft |
3.4 | Missverständnisse |
II. | Methodisches Vorgehen |
1. | Fragen an die Forschung |
2. | Stand der Forschung |
3. | Anforderungen einer Forschung vom Standpunkt des Subjekts |
4. | Die Selbsthilfe- und Forschungsgruppe |
4.1 | Ziel und Konzept |
4.2 | Ablauf der Treffen |
4.3 | Forschung |
4.4 | Die Organisation der Daten und ihre strukturelle Verallgemeinerung |
4.4.1 | Die klassische Entwicklungsfigur |
4.4.2 | Weiterentwicklung der Entwicklungsfigur |
5. | Spezifizierung der Methoden im Forschungsprozess |
5.1 | Probleme, die im Forschungsprozess auftraten |
5.1.1 | Das Verhältnis von Forschern und Mitforschern |
5.1.2 | Qualifizierung zu Mitforschern und kommunikative Validierung der Daten |
5.1.3 | Entwicklungsfigur als Analyseinstrument |
5.2 | Lösung der Probleme |
5.2.1 | Die Arbeit mit den Dossiers |
5.2.2 | Schwierigkeiten bei der Entwicklung der Dossiers |
5.2.3 | Vom Dossier zum Kapitel |
III. | Empirische Analyse |
1. | Die Datenbasis |
1.1 | Formale Auswertung der Sitzungen im Erhebungszeitraum |
1.2 | Die Arbeit an den Dossiers nach dem Erhebungszeitraum |
1.3 | Umgang mit den Datenquellen |
2. | Darstellung und Analyse der Fälle |
2.1 | Institutionelle Probleme in der Selbsthilfe- und Forschungsgruppe |
2.2 | Sabina – Stigmatisierung |
2.2.1 | Datenbasis |
2.2.2 | Erster Eindruck |
2.2.3 | Biografie |
2.2.4 | Gründe für den Konsum und das Aufhören |
2.2.5 | Stigmatisierung |
2.2.6 | Entgiftung und Therapie |
2.2.7 | Substitution |
2.2.8 | Was hat geholfen, die Situation zu stabilisieren? |
2.2.9 | Typische Strukturen: Stigmatisierung, Therapie und Substitution |
Stigmatisierung | |
Therapie | |
Substitution | |
2.3 | Elvis – Subjektivierung |
2.3.1 | Datenbasis |
2.3.2 | Erster Eindruck |
2.3.3 | Biografie |
2.3.4 | Familie und soziale Kontakte |
2.3.5 | Entwicklung der Erwerbstätigkeit |
2.3.6 | Entwicklung des Konsums |
2.3.7 | Gründe für den Konsum |
Leidenschaft und Sinn | |
Völlige Freiheit in der Gegenwart | |
Ausgleich gegenüber Arbeit | |
Steigerung der Produktivität | |
2.3.8 | Gründe für das Aufhören |
2.3.9 | Das Dilemma |
2.3.10 | Hilfsangebote |
2.3.11 | Typische Strukturen: Subjektivierung von Arbeit |
2.4 | Prekarisierung |
2.4.1 | Datenbasis |
2.4.2 | Erfahrungen in der Selbsthilfe- und Forschungsgruppe |
2.4.3 | Typische Strukturen: Prekarisierung und Hartz IV |
2.4.4 | Möglichkeiten der gemeinschaftlichen Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten |
2.5 | David |
2.5.1 | Datenbasis |
2.5.2 | Erster Eindruck |
2.5.3 | Biografie |
Anmerkungen | |
2.5.4 | Arbeit und Finanzen |
Diplomarbeit | |
Aktuelle Tätigkeit | |
Anmerkungen | |
2.5.5 | Familie und soziale Kontakte |
Tod des Bruders | |
Schuldfrage und Familiendynamik | |
Verhältnis zur Mutter | |
Verhältnis zum kleinen Bruder | |
2.5.6 | Ziele und Probleme |
Körperliche Probleme | |
Anmerkungen | |
2.5.7 | Positives und Ressourcen |
2.5.8 | Entwicklung des Drogenkonsums |
Cannabis und Alkohol (16 Jahre) | |
Heroin und andere Drogen (19 Jahre) | |
Drogen nach der Therapie | |
Drogen während des Studiums | |
Erneuter Opiat- und Alkoholkonsum nach dem Koma | |
Theorien und Überlegungen zu Sucht und Drogen | |
Anmerkungen | |
2.5.9 | Gründe für den Konsum |
2.5.10 | Gründe für das Aufhören |
Anmerkungen | |
2.5.11 | Problemrelevante Theorien |
Anspruch und Versagen | |
Persönlichkeitszuschreibungen | |
Anmerkungen | |
2.5.12 | Erfahrungen mit anderen Hilfeeinrichtungen |
Anmerkungen | |
2.5.13 | Lösungsansätze |
Anmerkungen | |
2.5.14 | Wie hat die Selbsthilfe- und Forschungsgruppe bisher geholfen? |
2.5.15 | Zusammenfassung |
2.6 | Yunis |
2.6.1 | Datenbasis |
2.6.2 | Erster Eindruck |
2.6.3 | Biografie |
Anmerkungen | |
2.6.4 | Arbeit und Finanzen |
Jobs in Berlin | |
Fachabitur (31–33) | |
MAE Küche in einer Kita (37) | |
MAE Kantine in einer öffentlichen Einrichtung (37-40) | |
Job in Restaurant als Küchenhilfe (40-41) | |
Umschulung zum Koch (41) | |
Praktikum in einem Restaurant (41) | |
Zurück in der Umschulung | |
Umschulung in neuem Betrieb | |
Momentane Situation | |
Zukunftsaussichten | |
Überlegungen und Theorien zu Arbeit | |
Ziele und Ansprüche an eine Arbeit | |
Anmerkungen | |
2.6.5 | Familie und soziale Beziehungen |
Familie | |
Freunde | |
Sonstige soziale Beziehungen und Probleme | |
Überlegungen und Theorien zu Freundschaft und sozialen Kontakten | |
Anmerkungen | |
2.6.6 | Probleme und Ziele |
Anmerkungen | |
2.6.7 | Entwicklung des Drogenkonsums |
Erstes Aufhören | |
Zweites Aufhören | |
Nach der Entgiftung | |
Theorien und Überlegungen zur Entwicklung des Drogenkonsums | |
2.6.8 | Gründe für den Konsum |
2.6.9 | Gründe für das Aufhören |
Anmerkungen | |
2.6.10 | Problemrelevante Theorien |
Individualisierung – sich selbst die Schuld geben | |
Hohe Ansprüche an sich selbst statt Bedürfnisse zu formulieren | |
Einschätzung der Rolle des Alkohols | |
Kindheit als Erklärung für Passivität und Bedürfnislosigkeit | |
Anmerkungen | |
2.6.11 | Erfahrungen mit anderen Hilfeeinrichtungen |
2.6.12 | Wie hat die Selbsthilfe- und Forschungsgruppe bisher geholfen? |
2.6.13 | Zusammenfassung |
3. | Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse |
Literatur | |
IV. | Anhang |
1. | Dossier Sabina |
2. | Dossier Elvis |
3. | Liste der Tags zur Kodierung der Transkripte |