Sozialepidemiologie des Drogenkonsums

Zu Prävalenz und Indizenz des Heroin- und Kokaingebrauchs und dessen polizeiliche Verfolgung

Estermann, Josef

Mit Beiträgen von U. Herrmann, D. Hügi und B. Nydegger

(Studien zur qualitativen Drogenforschung und akzeptierenden Drogenarbeit; Bd. 8)


Die gesellschaftliche Auseinandersetzung um den Drogenkonsum hat seit den achtziger Jahren vor allem mit der schnellen Verbreitung von HIV und einer erhöhten Sterblichkeit der Konsumierenden beträchtlich an Schärfe gewonnen. Die vorliegende Sozial-
epidemiologie des Drogenkonsums gibt Auskunft über die Zahl der Heroin und Kokain konsumierenden Personen. Sie beruht auf der statistischen Auswertung von Massendaten der polizeilichen Repression und zur Mortalität in Verbindung mit Ergebnissen qualitativer Biographieforschung.
Eine Verquickung qualitativer und quantitativer Forschungsansätze ermöglicht die Berücksichtigung von Konsumierenden, die bei keiner einschlägigen Institution registriert sind und durch diese kaum erreicht werden können. Die Befragung dieses Personenkreises gibt Aufschluß über die sozialen und individuellen protektiven Faktoren, repressiver Verfolgung des Konsums und des Handels sowie sozialmedizinischen Angeboten.
Eine tiefergehende Analyse biographischer, polizeilicher und sozialmedizinischer Daten zur unterschiedlichen Wahrscheinlichkeit bestimmter Typen von Konsumierenden, von den Instanzen sozialer Kontrolle erfaßt zu werden, führen zu Erkenntnissen über Veränderungen der Gruppengröße und Trends, über Prävalenz, Inzidenz, Remission und Mortalität.
Die Untersuchung wurde an der Universität Bern durchgeführt, durch das Bundesamt für Gesundheitswesen der Schweiz finanziell gefördert sowie durch das Bundesamt für Statistik logistisch unterstützt. Die Ergebnisse sind geeignet, die Drogenpolitik der nächsten Jahre zu beeinflussen.


Inhalt:

  1. Einleitung (Josef Estermann)
  2. Fragestellung, Vorgehensweise und Begriffsbestimmung (Josef Estermann, Ute Herrmann)
    1. Fragestellung und Zielsetzung
    2. Vorgehen: qualitative und quantitative Methoden
    3. Begriffsbestimmungen und qualitative Beschreibung der Population
      1. Typen von Konsumverhaltensmustern und Typen von Konsumierenden
      2. Über Immunität und Suszeptibilität
  3. Analyse biographischer Daten (Josef Estermann, Ute Herrmann, Daniela Hügi, Bruno Nydegger)
    1. Einleitung
    2. Methodologie
      Die Gestaltung von Biographierekonstruktionen
      Das Interview
      Die Zielpopulation
      Die Interviewenden
      Die Feldphase
    3. Ergebnisse der Erhebungen von Erfassungswahrscheinlichkeiten
    4. Zur subjektiven Einschätzung von Erfassungswahrscheinlichkeiten
    5. Die Dynamik des Drogengebrauchs
    6. Beschreibung der mittels qualitativer Methoden untersuchten Population
      1. Soziodemographische Merkmale
      2. Konsum- und karrierespezifische Merkmale
        Einstiegsalter und Dauer des Drogenkonsums
        Erstkonsum und Einstiegsphasen
        Informiertheit und Kontrollüberzeugung
        Konsummuster, Konsumkontrolle, Konsumhäufigkeit und -intensität
        Drogenbeschaffung und Drogenhandel
        Frauenspezifische Merkmale
        Ausstiegsmotivation und Zukunftsorientierung
      3. Dominante protektive Faktoren
        Arbeitsorientierung und soziale Netzwerke
        Körper- und Gesundheitsbewußtsein
        Autonomie
        Geschlecht
        Alter
    7. Karriere als Prozeß von Wechselwirkungen zwischen Individuum und Gesellschaft
  4. Quantitative Analysen (Josef Estermann)
    1. Methodologische Grundlagen der Gruppengrößenschätzung
      1. Geschlossene Populationen: CAPTURE-RECAPTURE Modelle und deren Modifikationen
      2. Offene Populationen: Verfahren nach Jolly und Seber
      3. Offene Populationen: Schätzer nach Jackson
      4. Offene Populationen: TRIPLE CATCH Verfahren
      5. Veränderung der Erfassungswahrscheinlichkeit
      6. Die Erfassungsfrequenz und TRUNCATED POISSON Verfahren
      7. Gepoolte Stichproben und loglineare Analysen
      8. Problematik der Modellbildung und Datenlage
    2. Mortalität, Morbidität und Repression. Der Drogentod und die strafrechtliche Registrierung
      1. Identifikation der Fälle
      2. Populationsgrößenschätzung aufgrund der Mortalität
      3. Populationsgrößenschätzung aufgrund der Verbindung mit den qualitativen Ergebnissen
      4. Populationsgrößenschätzung aufgrund von Überschneidungen mit anderen Untersuchungen
    3. Die von der Repression betroffenen Konsumierenden
      1. Identifikation der Fälle
      2. Darstellung des Zeitverlaufs
      3. Geschlecht
      4. Alter
      5. Verwendete Substanzen
      6. Über die Dauer des Drogenkonsums
    4. Populationsgrößenschätzung aufgrund von Repressionsdaten im Zeitverlauf
      1. Zwei-Elemente-Stichproben nach Petersen. Prüfung von Verletzungen der Modellannahmen. Schätzer für geschlossene Populationen
      2. Ergebnisse der Schätzverfahren für offene Populatioen: Zufluß und Abfluß
      3. Einige lokale Differenzen
      4. Die polizeiliche Verzeigungsintensität
      5. Die Verzeigungsquote oder die polizeiliche Durchdringung
      6. Perspektiven der Messung von Prävalenz und Indizenz
  5. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse - Empfehlungen (Josef Estermann)
    Typologie
    Gruppengrößenschätzung: Prävalenz
    Gruppengrößenschätzung: Indizenz, Remission und Mortalität
    Regionale Verteilung
    Protektive Faktoren
    Konsumverhalten
    Verfolgungsintensität
    Empfehlungen
Anhang: Qualitatives Datenmaterial
A) Gesellschaftlich integrierte Konsumkarriere
B) Gesellschaftlich nicht intergrierte Konsumkarriere
Literaturverzeichnis



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