Armutsorientierte Entwicklungshilfe in Bangladesch:

Hilfe oder Hindernis für die Entwicklung?

Jessen, Brigitte


Bangladesch gilt als eines der ärmsten und finanzierungsabhängigsten Länder der sogenannten Dritten Welt. Periodisch auftretende Naturkatastrophen und eine schnell wachsende Bevölkerung sorgen immer wieder für Schlagzeilen in der Weltpresse und werden als Erklärung für Armut und Unterentwicklung angeführt. Dieses Buch gibt einen Einblick in ganz andere Ursachenzusammenhänge für die zunehmende Verelendung der ländlichen Bevölkerung. In einer breit angelegten Analyse armutsorientierter Entwicklungsprogramme wird die vorherrschende ungleiche Macht- und Besitzstruktur im ländlichen Bangladesch als das wesentliche Entwicklungshindernis aufgezeigt. Die Autorin stellt die provozierende These auf, daß die ausländische Entwicklungshilfe diese Ungleichheit verstärkt, Verelendungsprozesse beschleunigt und damit selbst zu einem Entwicklungshindernis wird. Es wird gezeigt, wie armutsorientierte Entwicklungshilfe zu einem Instrument der Subventionierung ländlicher und städtischer Eliten wird. Eine Alternative hierzu bietet die Arbeit bangladeschischer Nichtregierungsorganisationen. Bewußtwerdungsprozesse, Information und Organisation führen zur Stärkung des Selbsthilfepotentials der ländlichen Unterschichten, zur Entwicklung bedürfnisgerechter Programme und zum Aufbau von Gegenmacht. Ohne aktive Beteiligung der Bevölkerung muß - so das Fazit - armutsorientierte entwicklungspolitische Arbeit scheitern.

Brigitte Jessen wurde 1951 in Hamburg geboren. 1982 Diplom der Verwaltungswissenschaften an der Universität Konstanz. Schwerpunkte des Studiums: Entwicklungstheorie, Internationale Politik, Politische Ökonomie. Einjährige wissenschaftliche Mitarbeit am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston, USA. Aufenthalt bei den Vereinten Nationen in Genf. 1983-84 dreizehnmonatiger Aufenthalt in Bangladesch mit einem Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Konstanz. Promotion Juli 1989.


Inhalt:

I. Vorüberlegungen
  1. Einleitung
  2. Die Entwicklung der Forschung
    1. Die Reformulierung der Forschungsfragen durch konkrete Ländererfahrung
    2. Forschung im Zwiespalt zwischen offizieller Außendarstellung und der Realität im Feld
  3. Zusammenfassung
II. Verarmungs- statt Entwicklungskreisläufe: Armutsorientierte Entwicklungsprogramme im Landwirtschaftssektor und in der ländlichen Entwicklung
  1. Entwicklungsplanung und Finanzierung
  2. Agrarstruktur und Landreform
    1. Agrarstruktur
      1. Landbesitzstruktur: Polarisierung und Konzentration
      2. Landbearbeitungsstruktur: Der größte Teil des Landes wird von Pächtern bebaut
      3. Landbesitzveränderungen: Vererbung und Verschuldung sind die wesentlichen Ursachen für Landverlust
    2. Landreform
      1. Die ökonomische Notwendigkeit einer egalitären Landumverteilung
      2. Die Landreformgesetzgebungen in Bangladesch: Eine Geschichte von Fehlschlägen
      3. Das Versagen der Landreformgesetzgebung in Bangladesch und dessen Ursachen
    3. Schlußfolgerungen: Politische Stabilitätsinteressen ausländischer Entwicklungspolitik verhindern interne Strukturreformen
  3. Die Entwicklung der Kooperativenmodelle
    1. Das Village-Agricultural Industrial Development Programme
    2. Das Comilla-Programm
    3. Die Probleme des Comilla-Kooperativenmodells
    4. Das Integrated Rural Development Programme (IRDP)
    5. Schlußfolgerungen: Das Kooperativenmodell ist gescheitert
  4. Mehr Macht für die Reichen - Das Tangail-Landwirtschaftsprojekt
    1. Projektziele und Projektkomponenten
    2. Die Grundlage der Arbeit ist die Kooperativenbildung
      1. Die Regierungsvorschriften zur Kooperativenbildung
      2. Scheinkooperativen und die ländliche Machtstruktur: Die Mängel bei der Implementation
    3. Die Mißbräuche durch den Privatbesitz an Pumpen
      1. Höhere Wasserpreise als es die Betriebskosten der Pumpe erfordern würden
      2. Unregelmäßige Wasserversorgung für kleine und machtlose Bauern
      3. Das "Austrocknen" kleinerer machtloser Bauern um ihr Land aufzukaufen
    4. Die Auswirkungen der Machtstrukturen im ländlichen Bangladesch auf die propagierten Projektziele
      1. Die Übernahme der Hochertragssorten-Technologie wird stagnieren
      2. Die Landkonzentration wird steigen
      3. Investitionen in die Verbesserung des Landes sind nicht wahrscheinlich
      4. Die Trickle-Down-Strategie des Projektes
  5. Zielorientierung und Machtstrukturen in den integrierten ländlichen Entwicklungsprojekten
  6. Neue Technologien in ungleiche Strukturen gebracht vergrößern die Ungleichheit
    1. Die technischen Probleme: Mangelnde Betriebsbereitschaft. Unterauslastung und mangelnde Beherrschbarkeit
    2. Die ökonomischen Probleme: Kapitalintensität, ausländische Abhängigkeit und mangelnde Beschäftigung
    3. Die sozialen Probleme: Zunehmende Spannungen durch steigende Ungleichheit
    4. Die ökologischen Probleme
    5. Schlußfolgerungen: Warum dennoch Grüne Revolution?
  7. Der ländliche Kreditsektor: Ein Faß ohne Boden
    1. Der Institutionen- und Programmaufbau: Komplexität und Unübersichtlichkeit
    2. Die kleinen Bauern und ländlichen Armen werden überhaupt nicht erreicht
    3. Die Unangepaßtheit der Kredite: Mangelnde Bedürfnisanalyse
    4. Die mangelnde Rückzahlung der Kredite und die verschwenderische Zinssubventionierung
    5. Schlußfolgerungen: Die strukturelle Verzerrung des Programms zugunsten der reicheren ländlichen Bevölkerung
  8. Das ländliche Elektrifizierungsprogramm: Falsch verstandener Modernisierungsansatz
    1. Kleinbauern und Landlose werden nicht erreicht
    2. Die Elektrizität wird für den häuslichen Bedarf genutzt, nicht aber für kommerzielle Zwecke und schafft dementsprechend keine Arbeitsplätze für die ländlichen Armen
    3. Vollständige Abhängigkeit von ausländischen Importen und hohe langfristige Folgekosten für die Regierung
    4. Schlußfolgerungen: Nicht erneuerbare versus erneuerbare Energie
  9. Die ländlichen Arbeitsprogramme: Eine Direktstrategie zur Beseitigung von Arbeitslosigkeit und Armut?
    1. Das Scheitern der Mobilisierung ländlicher Freiwilligenarbeit
    2. Das Beispiel des "Intensiven Ländlichen Arbeitsprogramms"
      1. Organisationenvielfalt
      2. Planungsprobleme
      3. Probleme durch schnelle Personalrotation
      4. Probleme der Zielgruppenerreichung
      5. Sinnlosigkeit und schlechte Qualität der ausgeführten Projekte
      6. Schlußfolgerungen: Korruption, Verschwendung und Nutzlosigkeit
    3. Zusammenfassende Evaluierungen anderer ländlicher Arbeitsprogramme
    4. Der mangelnde entwicklungspolitische Gehalt der ländlichen Arbeitsprogramme
    5. Die Suche nach Lösungen
      1. Programmneugründungen: Eine Scheinlösung
      2. Organisation und Partizipation der Zielgruppe: Eine echte Lösung
  10. Die Savar-Tierfarm: Deutsche "Insel der Perfektion". Zur Entwicklung des ländlichen Tiersektors
    1. Ziele und Maßnahmen des Projektes
    2. Entwicklungspolitische Fehlentwicklungen
      1. Produktion für den Luxuskonsum
      2. Vernachlässigung bäuerlicher Bedürfnisse
      3. Atypische Haltungsbedingungen
      4. Mangelnde Beratungs- und Ausbildungstätigkeit
      5. Mangelnder Ausbreitungseffekt
    3. Schlußfolgerungen: Die Probleme von Großprojekten
  11. Wen ernährt die Nahrungsmittelhilfe?
    1. Ziele und Umfang der Nahrungsmittelhilfe
    2. Das Verteilungs- und Rationierungssystem
    3. Korruption und Betrug mit der Nahrungsmittelhilfe
    4. Die Nahrungsmittelhilfe wirkt sich negativ auf die einheimische Nahrungsmittelproduktion aus
    5. Nahrungsmittelhilfe ist Interessenpolitik
      1. Nahrungsmittelhilfe als Abbau der Überschußproduktion
      2. Stabilitäts- und Blockinteressen
      3. Nahrungsmittelhilfe als Instrument des Politikdialogs
    6. Schlußfolgerungen: Nahrungsmittelhilfe für Bangladesch - ausländische Interessenpolitik und Subventionierung der städtischen Ober- und Mittelklassen
III. Das Bevölkerungskontroll-, Familienplanungs- und Gesundheitsprogramm in Bangladesch: Ein Musterbeispiel entwicklungspolitischer Fehlentwicklung
  1. Das Bevölkerungskontroll- und Familienplanungsprogramm: Infrastrukturorientierung und Gewalt
    1. Die demographische Situation in Bangladesch
    2. Die staatliche Bevölkerungspolitik bis 1976: Motivationsorientierung und Freiwilligkeit
    3. Die staatliche Bevölkerungspolitik von 1976 bis 1985: Sterilisationen und strukturelle Gewalt
    4. Die Diskussion über die Ursachen der mangelhaften Zielerreichung: Kritik der Geber und Rechtfertigungsversuche der Regierung
    5. Probleme und Mißbräuche des Programms bei der Implementation
      1. Die strukturelle Gewalt des Programms
      2. Die kriminelle Verknüpfung von Sterilisationen und Hunger
      3. Der Druck durch die Quotenerfüllung auf die Regierungsbeamten
      4. Die unregelmäßige Versorgung mit Verhütungsmitteln und die schlechte Qualität der klinischen Maßnahmen
    6. Schlußfolgerungen: Die Grenzen zwischen Freiwilligkeit und Gewalt verwischen
      Exkurs 1: Externe Ideologie-Entwicklung: Der Neo-Malthusianismus und die Eine-Boot-Theorie
      Exkurs 2: Interne Ideologieübernahme: Die Dominanz von Bevölkerungskontrolle und Familienplanung über die Gesundheitsversorgung
  2. Der vernachlässigte Gesundheitssektor
    1. Die mangelnde Funktionsfähigkeit der Gesundheitszentren
    2. Das deutsche Familienplanungsprojekt
      1. Komponente 1: Der Bau von Gesundheitszentren auf Union-Ebene und die Verbesserung der Qualität der Dienstleistungen
      2. Komponente 2: Die Stimulierung der Nachfrage durch Gründung von Mütterclubs
    3. Schlußfolgerungen: Bevölkerungskontroll- und Familienplanungsprogramme sind ohne sozio-ökonomische Entwicklung nicht möglich
IV. Die Eliterotation um den großen Geldtopf: Das Ursachengeflecht überbauorientierter und fremdorientierter Entwicklungspolitik
  1. Die Überbauorientierung: Entwicklung durch bürokratischen Absolutismus?
    1. Die Rekrutierung der politischen Funktionsträger auf den untersten Verwaltungsebenen und deren Bündnis mit der ländlichen Elite
    2. Die ökonomische und politische Interessenhomogenität der ländlichen und städtischen Elite
    3. Korruption
    4. Der Apparat und die ländlichen Armen: Ablehnung und Abhängigkeit
    5. Reformversuche des Verwaltungsapparates: Dezentralisierung
    6. Schlußfolgerungen: Der Verwaltungsapparat als Entwicklungshindernis
  2. Die Fremdorientierung der Entwicklungspolitik
    1. Das Antragsprinzip
    2. Das Selbstprivilegierungsinteresse der Gebergemeinschaft
    3. Die Theorielosigkeit der Praxis: Zentralisierung und mangelnde Lerneffekte im System der Entwicklungsverwaltung
    4. Schlußfolgerungen: Die Hilflosigkeit der Gebergemeinschaft
V. Alternativer Interventionismus: Die Arbeit der Nichtregierungsorganisationen in Bangladesch und die Möglichkeit, über eine veränderte Trägerstruktur den Entwicklungsprozeß vom Ausland her zu unterstützen
  1. Entstehung und Lernprozeß der Nichtregierungsorganisationen in Bangladesch: Drei Generationen
  2. Die Heterogenität des Organisationsaufbaus und der Zielsetzung
  3. Das Innovationspotential bangladeschischer Nichtregierungsorganisationen
    1. Veränderte Sektorkonzepte und nationale Relevanz
      1. Beispiel a): Präventive Gesundheitsversorgung und alternative Medikamentenproduktion: Das Beispiel Gonoshastya Kendra (GK)
      2. Beispiel b): Gruppenorganisation und Kredit: Das Beispiel Grameen Bank
    2. Veränderte Zielgruppenorientierung: Einkommensschaffende Tätigkeiten für die ressourcenlose Bevölkerung am Beispiel der Frauen
      1. Die soziale und ökonomische Situation der Frauen in Bangladesch
      2. Die Auswirkung der Modernisierungspolitik auf Frauen
      3. Mobilisierung, Bewußtwerdung und Organisation: Die Arbeit der Nichtregierungsorganisationen mit Frauen
    3. Technologieinnovationen
    4. Die wichtigsten Maßnahmen der Nichtregierungsorganisationen
      1. Bewußtwerdung über und Selbstdefinition von Problemen und möglichen Lösungen
      2. Aktive Partizipation
      3. Solidarität und kollektive Aktionen
      4. Ökonomische Verbesserungen und kollektive Produktionen
      5. Statuserhöhung und politische Partizipation
      6. Multidimensionale Sektorkonzepte
  4. Chancen und Grenzen der bangladeschischen Nichtregierungsorganisationen in der nationalen Entwicklung
    1. Zusammenarbeit und Konflikte der Nichtregierungsorganisationen mit dem Staat
    2. Die Beziehungen der Nichtregierungsorganisationen zu den politischen Parteien
    3. Akzeptanz, Unterstützung und Funktionalisierung bangladeschischer Nichtregierungsorganisationen durch die ausländische Entwicklungspolitik
      1. Akzeptanz
      2. Unterstützung
      3. Funktionalisierung
  5. Schlußfolgerungen: Nichtregierungsorganisationen als einzige Interessenvertretung der Unterschichten
Bibliographie


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