(Ernst-Haeckelhaus-Studien Bd. 4)
Um 1900 wurde von Naturwissenschaftlern der Anspruch erhoben, die Philosophie und Religion in ihren Ansprüchen auf eine umfassende Welterklärung ersetzen zu können. Unter dem Titel "Monismus" formierten sich unterschiedliche Versuche, ausgehend von den Naturwissenschaften eine einheitliche Weltanschauung auszubilden. Allen monistischen Ansätzen gemeinsam war die Zurückweisung dualistischer Theorien, die von Entgegensetzungen wie Geist-Körper, Gott-Welt, Mensch-Natur ausgingen. Der Monismus formulierte demgegenüber jeweils eine einheitliche Grundauffassung der Natur, wobei der Mensch und seine geistigen Leistungen in diese Naturauffassung einbezogen wurden. Konkret realisiert wurde dieser Gedanke in unterschiedlichen Ausprägungen: so bei Ernst Haeckel auf der Basis einer Evolutionsbiologie, bei dem Chemiker Wilhelm Ostwald durch einen physikalisch-chemisch motivierten Energetismus oder bei dem Physiker und Philosophen Ernst Mach in einem erkenntnistheoretischen Sensualismus.
Der Monismus verstand sich nicht nur als ein theoretisches Konstrukt; die Monisten versuchten vielmehr, ihre theoretischen Überzeugungen auch praktisch, etwa sozialreformerisch, bildungspolitisch oder in einer polemischen Distanzierung von kirchlichen Positionen, umzusetzen. Hierdurch riefen sie massive Gegenbewegungen, insbesondere aus kirchlichen Kreisen hervor. Der Monismus und die entsprechenden Gegenbewegungen wurden so zu einem zentralen Kulturfaktor der Zeit um 1900. Jena spielte hierbei eine zentrale Rolle: hier wurde im Jahr 1906 der "Deutsche Monistenbund" gegründet, dessen Ehrenpräsident der Jenaer Professor Ernst Haeckel wurde.
Der Band dokumentiert und diskutiert, aus der Sicht unterschiedlicher Fachgebiete, wesentliche Aspekte des Phänomens Monismus. In der Verbindung historischer, philosophischer, theologischer und wissenschaftshistorischer Ansätze wird eine Einordnung und Bewertung des Monismsu möglich; der Monismus und die monistischen Organisationen werden in der fächerübergreifenden Sicht in ihrer kulturellen Relevanz erkennbar.
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