Biologie und Gesellschaft

Beiträge zur 19. Jahrestagung der DGGTB in Lübeck 2010

Hg.: Kaasch, Michael & Kaasch, Joachim

(Verhandlungen zur Geschichte und Theorie der Biologie Band 17)


Kenntnisse über Tiere und Pflanzen, ihr Vorkommen und ihre Lebensweise sowie Wissen über die biologischen Grundlagen humaner Lebensprozesse besaßen in allen Zeit- und Gesellschaftsepochen für die Menschen besondere Bedeutung. Eine Vielzahl von Forschern und Forscherinnen trugen dazu bei, dass aus sammelnder, sichtender und ordnender naturgeschichtlicher Botanik und Zoologie eine experimentelle, kausalanalytische Biologie heranwachsen konnte, aus der mittlerweile die vielgestaltigen Biowissenschaften geworden sind. Mit der Biotechnologie greifen sie unmittelbar in Produktionsprozesse ein, in der Biodiversitätsforschung liefern sie einen neuen Zugang zu den bedrohten Lebensgrundlagen des Menschen und seiner Mitwelt. In der Medizin eröffnen Kenntnisse und Methoden aus den Biowissenschaften neue Herangehensweisen für Diagnostik und Therapie, angefangen von Möglichkeiten der Optimierung der menschlichen Reproduktion über die Entschlüsselung des menschlichen Genoms bis hin zur Gen(Genom)diagnostik.
Alle diese Entwicklungen haben dazu geführt, dass die Biowissenschaften in zunehmendem Maße gesellschaftliche Aufmerksamkeit erfahren. Diese gilt nicht nur den vorrangigen Erkenntnisinteressen und Resultaten der Forscherinnen und Forscher, sondern insbesondere den damit verbundenen expliziten und impliziten Versprechungen für neue Kausaltherapien zur Beherrschung wichtiger Krankheiten und für erfolgversprechende veränderte Strategien für wirtschaftliche Prozesse sowie zur Lösung von Umwelt- und Klimaproblemen. Die Gesellschaft verknüpft ihren Blick auf die Biowissenschaften mit großen Erwartungen, sieht aber in deren umfassendem Zugriff auf viele Fragen von gesellschaftlicher Bedeutung auch entscheidende Risiken, die weit über reine Sicherheitsbedenken bei bestimmten Experimenten hinausgehen und allgemeiner bestimmte von der Wissenschaft intendierte Vorgehensweisen und ethische Fragen betreffen.
Der Band beschäftigt sich mit dem Problemkreis "Biologie und Gesellschaft" und richtet dabei einen besonderen Fokus auf die Geschichte der Genetik und Molekularbiologie in ihren vielfältigen Bezügen zur gesellschaftlichen Entwicklung. Diskutiert werden die öffentliche Wahrnehmung der biologischen Erkenntnisinteressen und Forschungsergebnisse sowie des Handelns der Akteure des Forschungsprozesses. Das Spektrum der vorgestellten Untersuchungen reicht von den konkreten Schritten der Aufklärung grundlegender biologischer Prozesse in langjähriger kooperativer Forschungsarbeit über die Analyse der Epigenetik bis hin zur Reflexion von gentechnischen Utopien und Träumen der Konstruktion von Organismen ("Synthetische Biologie") in der Sicht von Schriftstellern und Künstlern sowie zur kritischen Auseinandersetzung mit den Fragen der Bioethik. Der Band liefert außerdem Beiträge zum Umgang mit umstrittenen Begriffen (wie "Rasse" und "Chimäre"), verfolgt das Medienecho von Forschungsunternehmen und zeichnet Lebensläufe bedeutender Biologen nach.

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