(Wiener ethnomedizinische Reihe Bd. 2)
Die Seereer des Siin-Saloum haben sich trotz Isalamisierung und christlicher Missionierung ihre überlieferten religiösen Vorstellungen weitgehend bewahrt. Insbesondere die Konzepte des pangooo, des vitalistischen Kräfteprinzips der Seereer-Religion, sind nach wie vor von höchster Wichtigkeit. Diese stehen in engem Zusammenhang mit der traditionellen Medizin dieser Ethnie und bedingen deren große Bedeutung nicht nur bei der "Heilung" von Krankheiten, sondern auch als unersetzbares Regulativ für intakte soziale Beziehungen, die einen wesentlichen Bestandteil von Gesundheit im Sinn der WHO darstellen.
Bisherige Untersuchungen zur Akzeptanz der verschiedenen therapeutischen Einrichtungen zeigen, dass sich 86% der Seereer gelegentlich oder ausschließlich mit den Mitteln der traditionellen Heilkunde behandeln lassen. Diese Situation steht in krassem Widerspruch zur geltenden Gesetzeslage im Senegal, wonach in Anlehnung an die französische Gesetzgebung, die Ausübung von Heilbehandlungen nur promovierten Ärzten vorbehalten ist. Im Gegensatz zu vielen anderen westafrikanischen Ländern etwa Burkina Faso, Mali, Ghana oder Benin, ist daher den traditionellen Heilern offiziell die Ausübung ihres Berufes verboten. Diese Tatsache entspricht nicht den Deklarationen der WHO, die sehr wohl das überlieferte Heilwissen zur Versorgung der jeweiligen Bevölkerung herangezogen wissen will und hat auch, wie man am Beispiel der Seereer sehen kann, im Alltagsleben des Senegal keine allzu große Bedeutung. Trotzdem wird hierdurch eine Situation geschaffen, die zu einer Diskriminierung der traditionellen Medizin geführt hat.
In der vorliegenden ethnomedizinischen Studie soll daher die Heilkunde der Seereer anhand eines Heilerporträts wissenschaftlich untersucht und dokumentiert werden. Diese Arbeit stellt sich bewußt gegen eine statistische Erfassung der Heilmethoden, die einem soziokulturellen Aspekt nur schwerlich gerecht werden kann.
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