Die "Versuchung des heiligen Antonius" als "Mikrobenepos"
Eine motivgeschichtliche Studie zu den drei Lithographiefolgen Odilon Redons zu Gustav Flauberts Roman
Claudia Müller-Ebeling
232 Seiten
56 Tafeln
1997
17 x 24 cm
EUR 34,00
ISBN 3-86135-211-7
Kaum ein Thema faszinierte Künstler europäischer Herkunft so nachhaltig wie die Versuchung des hl. Antonius ein Sujet aus dem christlichen Heiligenleben, das eine achthundertjährige Bildtradition aufweist. Dabei brachte jede Zeit eigene verdrängte Angst- und Wunschvorstellungen bezüglich der Versuchung des asketisch lebenden Eremiten ins Bild. Klassisch wurden dabei Versuchungen in Gestalt von angsterregenden Dämonen (z. B. von Bosch oder Grünewald) oder verlockend sinnlichen nackten Frauen.
Aus den unzähligen Themenvariationen ragen die drei Lithographiefolgen, die der symbolistische Künstler Odilon Redon (1840-1916) Ende des vorigen Jahrhunderts angeregt durch den Roman La Tentation de saint An-toine von Gustave Flaubert als völlig anders- und neuartige Interpretationen heraus. In seiner Graphik erscheinen erstmals bedrohliche Monstren, die dem Mikroskop entsprungen scheinen.
Die Kunsthistorikerin Claudia Müller-Ebeling geht der Frage auf den Grund, wie es zu dieser ungewöhnlichen Gestaltung von Versuchern kommen konnte undwarum Redons Blätter ein symptomatischer Ausdruck des ausgehenden 19. Jahrhunderts sind. Welche Rolle spielt die Evolutionstheorie dabei und welchen Einfluß hatten die Entdeckungen von mikroskopischen Krankheitserregern auf Redons Bätter?