Offene Jugendarbeit und die Krise der Moderne
Von der Bedürfnisorientierung zur Akzeptanz
Mikulla, Jutta / Krieger, Wolfgang
- 1994
- 152 S.
- 14,8 x 21 cm
- dt.
- EUR 13,00
- ISBN 3-86135-151-X
Vor dem Hintergrund wachsender Inhomogenität von Lebenslagen, Lebensstilen und Lebenswelten gelten der Verlust gesicherter Lebensperspektiven, eine kompensative "Gegenwartorientierung" und ein kritisches Verhältnis zur Arbeitsgesellschaft als die herausragenden Kennzeichen des gegenwärtigen Erscheinungbildes von Jugend. Offene Jugendarbeit hat es aber nicht allein mit den Folgen der Desorientiertheit zu tun, in denen sich der Zerfall der universalistischen Rationalität der Moderne zu erkennen gibt; der Gegensatz zwischen spätmodernen "Luxurierungstendenzen" einerseits, strukturellen Marginalisierungstendenzen andererseits treibt vielmehr eine sozial mehr und mehr desintegrative Dynamik hervor, mit deren Konfliktpotential sich auch die Jugendarbeit bewußter auseinander setzen muß.
So dokumentiert sich der unversöhnliche Individualismus einer "Postmoderne" dem Jugendarbeiter zum einen Herausforderung zur Unterstützung identitätsbildender Prozesse, zum anderen aber auch als Widerstand gegen jede Art der Pädagogisierung als einer Praxis ungerechtfertigter Verallgemeinerung. Die offene Jugendarbeit kann heute nicht mehr umhin, den Anspruch der Jugendlichen auf Individualität und kulturelle Autonomie weitgehend zu akzeptieren, und sie muß daher ihre eigenen Aufgaben von diesen Ansprüchen her neu bestimmen und ausgehend vom Prinzip einer individualisierten Bedürfnisorientierung den Umgangsstil mit den Jugendlichen methodisch neu ausrichten.
Die vorliegende Arbeit verfolgt daher in erster Linie die Frage nach den Auswirkungen der aktuellen soziokulturellen Situation auf das Selbstverständnis von Jugendlichen, auf ihre Bedürfnisse, ihre Interessen, ihren Lebensstil und reflektiert vor diesem Hintergrund die Konsequenzen "postmoderner Identität" für das Verhältnis der Jugendlichen zum Jugendarbeiter, um schließlich daraus einige methodische Ansätze zur kritischen "Entpädagogisierung" des Arbeitsfeldes Jugendhaus zu entwickeln.
Inhalt:
Einleitung
- Zur veränderten historischen Situation: Jugendarbeit unter den Bedingungen der Postmoderne
- Zur Krise der offenen Jugendarbeit
- Krise der Jugendarbeit oder Krise der Moderne?
- Veränderte Bedingungen für Jugendarbeit
- Das soziokulturelle Profil der Postmoderne
- Die Jugend in der Postmoderne
- Postmoderne "Betroffenheit"
- Jugend und die Krise der Arbeitsgesellschaft
- Jugendliche zwischen Pluralismus und Fundamentalismus
Die Entwicklung der bedürfnisorientierten Ansätze in der offenen Jugendarbeit
Zur Vorgeschichte der bedürfnisorientierten Jugendarbeit: Die progressive Jugendarbeit
Zur Vorgeschichte der bedürfnisorientierten Jugendarbeit: Die emanzipatorische Jugendarbeit
Zur Vorgeschichte der bedürnisorientierten Jugendarbeit: Die antikapitalistische Jugendarbeit
Die bedürnisorientierte Jugendarbeit: Diethelm Damm
Die Revision des bedürfnisorientierten Ansatzes in neueren Konzepten
Die kritisch-bedürfnisorientierte Pädagogik (Kollan) und die kritisch-humanistische Jugendarbeit (Bierhoff)
Der situationsorientierte Ansatz (Hoppe/Stapefeld)
Cliquenorientierte und akzeptierende Jugendarbeit (Krafeld)
Exkurs: Autopoiese und Akzeptanz - konstruktivistische Überlegungen zum "verstehenden" Umgang mit Jugendlichen
Jugendspezifische Bedürfnisstrukturen
Die Entwicklung von Bedürfnissen und Bewältigungsstrategien
Zur Möglichkeit postmoderner Identität
Jugendliche zwischen Identitätssuche und postmoderner Unverbindlichkeit
Kollektive Bedürfnisse: Cliquenorientierung und Territorialansprüche
Weiterführende Überlegungen zur Praxis bedürfnisorientierter Jugendarbeit heute
"Entpädagogisierung" - Kritik der traditionellen Jugendarbeit
Zur Selbstdarstellung des Jugendarbeiters: Authentizität und das Problem der Grenzziehungen
Handlungsorientierungen einer zeitgemäßen Jugendarbeit
Schlußwort: Jugendarbeit und postmoderne Ironie
Literaturverzeichnis