Entwicklungspolitik ist ein weiteres Mal, wie so oft in den letzten dreißig Jahren, ernstlich ins Zwielicht und damit in die öffentliche Diskussion geraten. Anlaß hierzu gab das Buch von Brigitte Erler "Tödliche Hilfe", das zu dem kategorischen Schluß kommt, daß jegliche Entwicklungshilfe sofort einzustellen sei, da sie in jedem Fall ausschließlich die reiche Elite begünstige und niemals die wirklich Armen erreiche. Anhand des Beispiels Bangladesch legt Frau Erler dar, wie die Industrieländer ihren Industrialisierungsweg und ihre Technologien in ein unterentwickleltes Land übertragen und damit eher mögliche eigenständige und autonome Entwicklungswege zerstört oder verhindert haben, denn dem Land zu helfen. Wir haben dieses Buch geschrieben, weil wir glauben, daß mit dieser Schlußfolgerung viel zu pauschal und selbstgerecht geurteilt wurde. Unserer Ansicht nach kann man Politik nicht ändern, indem man sie abschafft. Das Weglaufen vor einmal angerichtetem Schaden entbindet nicht von der Verantwortung für das zerschlagene Porzellan. Dieses Buch hingegen vertritt die These, daß es Möglichkeiten und Chancen gibt, den Apparat der "Entwicklungshilfe" so zu nutzen, daß es Oppositions- und Befreiungsbewegungen in einem Land wie Bangladesch erleichtert wird, Abhängigkeitsstrukturen zu überwinden und Entwicklungsarbeit für die Armen "von unten" zu betreiben. In Bangladesch tun dies eine Reihe von Nicht-Regierungs-Organisationen. Es ist möglich, von hier aus zu helfen: durch solidarisches Engagement und Einsetzen für eine humane Entwicklungspolitik.
So ist das Ziel des vorliegenden Buches, die Eigenanstrengungen und Selbsthilfebewegungen der ärmsten Menschen in Bangladesch in das Zentrum der Diskussion zu rücken. Denn während man in den Industrieländern noch um entwicklungspolitische Wahrheiten streitet, haben die Menschen in Bangladesch - und in anderen Ländern - bereits angefangen, ihre eigene Zukunft zu gestalten. Deren selbstbestimmte Entwicklungsarbeit zeigt den Weg zu einer politischen Solidaritätsarbeit und muß - so die These dieses Buches - ideell und materiell unterstützt werden. Eine so verstandene Hilfe wird nicht tödlich sein!
Inhalt:
Einleitung